Altmunition im Meer: Kriegserbe in Heilung verwandeln
Von Timo Braun – veröffentlicht durch den Ethischer Rat der Menschheit

Ausgangslage
In Nord- und Ostsee liegen nach Schätzungen des Umweltbundesamtes rund 1,6 Millionen Tonnen Weltkriegsmunition. Granaten, Minen und Giftgasbehälter rosten langsam vor sich hin. Immer mehr Schadstoffe gelangen ins Wasser und bedrohen Meeresökosysteme, Fischerei und Küstenbewohner.
Bisher galt das Problem als unlösbar, zu teuer, zu riskant. Doch gerade hier eröffnet sich eine historische Chance.
Vom Problem zur Chance
1. Historische Bürde wird Heilung
Das Heben der Altmunition ist nicht nur ein technisches Projekt, sondern eine kollektive Wiedergutmachung. Deutschland kann sein Kriegserbe aktiv in Heilung verwandeln – für Natur, für Menschen, für kommende Generationen.
2. Innovationstreiber
Das sichere Bergen erfordert neue Technologien: Unterwasserdrohnen, Robotik, Sprengstoffneutralisation. Ein Zukunftsfeld Made in Germany, das weltweit gebraucht wird – von der Nordsee bis zum Pazifik.
3. Arbeit mit Sinn
Statt Kriegsindustrie entstehen tausende Arbeitsplätze in Küstenregionen für eine Industrie der Entwaffnung. Junge Menschen arbeiten nicht mehr an Waffenproduktion, sondern an der Neutralisierung von Gewalt.
4. Narrativwende
Aus „vergessene Altlast“ wird „globale Vorreiterrolle“. Deutschland könnte zum Pionier für Meeresheilung werden – und beweisen, dass selbst die dunkelsten Kapitel in Verantwortung verwandelt werden können.
Tiefenpsychologischer Deutungsrahmen
Altmunition im Meer steht symbolisch für das Verdrängte:
- Verdrängte Schuld → rostet im Verborgenen.
- Verdrängte Verantwortung → vergiftet langfristig das Leben.
Indem die Gesellschaft diese Last hebt und neutralisiert, geschieht eine kollektive Katharsis: Schuld wird transformiert in Verantwortung, Zerstörung in Heilung.
Schlussfolgerung
Altmunition ist kein Todesurteil. Sie ist die Gelegenheit, die Schatten der Vergangenheit in eine Zukunft der Heilung zu verwandeln.
Deutschland kann zeigen: Nicht der Krieg, sondern seine Aufarbeitung bestimmt die Geschichte.
Quellen
- Umweltbundesamt (UBA). (2020). Munitionsbelastung der Meeresumwelt. Dessau-Roßlau: UBA-Texte 95/2020.
- Böttcher, M. E., et al. (2011). Environmental impact of dumped ammunition in the Baltic Sea. Marine Pollution Bulletin, 62(10), 2216–2224.
- GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel. (2021). Altlasten im Meer – Risiken und Handlungsoptionen. Forschungsbericht.
- Maser, E., & Strehse, J. S. (2020). “Don’t blast”: blast-in-place (BiP) operations of dumped World War munitions in the oceans significantly increase hazards to the environment and the human seafood consumer. Archives of Toxicology, 94, 1941–1953.