Digitale Souveränität: Warum Deutschland längst unabhängig sein könnte

Von Timo Braun – veröffentlicht durch den Ethischer Rat der Menschheit

Serverrack mit leuchtenden Anzeigen vor einer deutschen Flagge – Symbol für digitale Souveränität und technologische Unabhängigkeit Deutschlands
Serverrack mit leuchtenden Anzeigen vor einer deutschen Flagge – Symbol für digitale Souveränität und technologische Unabhängigkeit Deutschlands

Der Merz-Alarm

Friedrich Merz erklärte heute erneut, Europa sei „viel zu abhängig von US-Software“. Damit trifft er einen wahren Punkt – doch er setzt das Thema falsch in Szene: als neuen, teuren Zukunftsauftrag, statt als längst überfällige Umsetzung.

Die Realität: Infrastruktur und Technik sind da

Deutschland verfügt über leistungsfähige Rechenzentren, stabile Open-Source-Systeme und bewährte Bürosoftware-Alternativen. Von Linux über LibreOffice bis hin zu europäischen Cloud-Anbietern wie Hetzner oder OVH ist alles vorhanden. Es braucht keine neue Technologie, sondern politischen Willen.

Beweisstück München: Das LiMux-Projekt

  • 2003 stellte die Landeshauptstadt München ihre Verwaltung auf Linux und OpenOffice um.
  • Jahrelang lief das System stabil, sicher und kostengünstig.
  • Externe Gutachten bestätigten: Die Lösung war technisch tragfähig und wirtschaftlich sinnvoll.
  • 2017 erfolgte der politische Rückschwenk zurück zu Microsoft – Kosten: über 100 Mio. Euro.
  • Fazit: Scheitern durch Lobbyismus, nicht durch Technik.

Der Vergleich: Bürgergeld vs. Lizenzkosten

Während Merz Bürgergeldempfänger ins Visier nimmt, verschweigt er gigantische Lizenzkosten:

  • Öffentliche Verwaltung und Schulen geben jährlich Milliarden für Microsoft- und Oracle-Lizenzen aus.
  • Eine Umstellung auf Open Source brächte dauerhafte Einsparungen, die jede Sozialkürzung übertreffen.
  • Die frei werdenden Mittel könnten in Bildung, Gesundheit und Forschung fließen – nicht in Abhängigkeiten.

Mehr als Kosten: Ein Lerneffekt für die Gesellschaft

  • Linux ist flexibel, stabil und für Normalnutzer oft einfacher als Windows.
  • Schulen, Verwaltungen und Universitäten würden digitale Mündigkeit fördern – statt Abhängigkeit von US-Anbietern.
  • Der gesellschaftliche Mehrwert: Kompetenz, Kreativität, Nachhaltigkeit und technologische Eigenständigkeit.

Internationale Dimension

Andere europäische Städte und Staaten sind längst vorangegangen:

  • Frankreichs Verwaltung nutzt Nextcloud und fördert freie Software-Initiativen.
  • Barcelona setzte bewusst auf Open Source, um Abhängigkeiten zu durchbrechen.
  • Skandinavische Länder verfolgen Open-Source-Strategien in Schulen und Behörden.

Deutschland hinkt hinterher, obwohl es die Kapazitäten und Beispiele vor Augen hat.

Rechtliche Ebene

  • Die DSGVO und die EU-Digitalstrategie (Digital Decade 2030) verlangen Datensouveränität.
  • Der US Cloud Act und der Patriot Act erlauben Zugriff auf Daten europäischer Bürger, selbst wenn sie in EU-Rechenzentren liegen.
  • Öffentliche Nutzung von US-Clouds ist daher nicht nur politisch riskant, sondern auch juristisch fragwürdig.

Ökonomische Dimension

  • Öffentliche Verwaltung in Deutschland gibt jährlich 2–3 Mrd. € für proprietäre Software-Lizenzen aus.
  • EU-weit summieren sich die Kosten auf zweistellige Milliardenbeträge.
  • Im Vergleich dazu sind Einsparungen durch Bürgergeld-Kürzungen marginal – und gesellschaftlich destruktiv.

Demokratie- und Sicherheitsaspekt

  • Abhängigkeit von US-Software bedeutet Kontrollverlust über kritische Infrastrukturen.
  • Beispiele:
    • NSA-Leaks (Snowden) zeigten flächendeckenden Zugriff auf Datenströme.
    • Exchange-Server-Lücken (2021) machten Verwaltungen weltweit verwundbar.
  • Digitale Souveränität ist daher nicht nur eine Frage der Effizienz, sondern eine Grundvoraussetzung für Staatssouveränität.

Politische Forderungen

Der ECoH fordert:

  1. Sofortige Migrationsstrategie der Verwaltung auf Open-Source-Systeme.
  2. EU-weite Transparenzberichte zu Lizenzkosten in der öffentlichen Hand.
  3. Verbot von US-Software in kritischen Infrastrukturen, solange Cloud Act & Patriot Act bestehen.
  4. Umlenkung öffentlicher Mittel: Milliarden für Rüstung in Bildung, digitale Eigenständigkeit und gesellschaftliche Entwicklung.

Der Appell

Digitale Souveränität ist kein Zukunftsprojekt – sie ist eine verschleppte Gegenwart. Deutschland könnte sofort unabhängig werden. Wer heute Sozialkürzungen fordert, aber Milliarden für ausländische Softwarekonzerne verschweigt, handelt nicht im Interesse der Bürger, sondern der Lobby.

Faktenbox: Digitale Souveränität in Deutschland

LiMux München (2003–2017)

  • Verwaltung auf Linux & OpenOffice umgestellt
  • Stabil, sicher, kostengünstig
  • Rückkehr zu Microsoft 2017 → Kosten > 100 Mio. €
  • Scheitern durch Politik & Lobby, nicht durch Technik

Lizenzkosten vs. Sozialkürzungen

  • Jährliche Ausgaben für Softwarelizenzen: mehrere Milliarden €
  • Einsparpotenzial durch Open Source: dauerhaft höher als jede Bürgergeld-Streichung
  • Bürgergeld-Kürzungen zerstören Würde – Lizenzumstieg schafft Zukunft

Gesellschaftlicher Mehrwert

  • Linux ist für Nutzer einfach & flexibel
  • Schulen & Verwaltungen könnten digitale Mündigkeit fördern
  • Nachhaltig: längere Hardware-Lebenszyklen, weniger Abfall

Kernbotschaft

„Digitale Souveränität ist möglich – sofort, kosteneffizient und zum Vorteil der Gesellschaft.“

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