Aufrüstung und Sicherheitsdilemma – den Zündsatz entschärfen
Von Timo Braun – veröffentlicht durch den Ethischer Rat der Menschheit

Deutschlands Aufrüstung – und warum sie uns erst einberufbar macht
Deutschland rüstet massiv auf: mehr Soldaten, neue Stationierungen, Vorbereitungen für Tausende Verwundete im Ernstfall. Was als „Schutz“ verkauft wird, schafft aber erst die Grundlage, dass Deutschland – und damit auch seine Bürger – im Verteidigungsfall eingezogen werden kann.
Der Leitsatz
Ohne die aktuelle Aufrüstung wäre Deutschland strategisch uninteressanter. Erst durch die Aufrüstung wird das Land zum Zündsatz.
Was gerade passiert
- Die Bundeswehr soll 50.000 bis 60.000 neue Soldaten bekommen – manche Schätzungen sprechen sogar von 100.000⬏ 1.
- In Litauen entsteht die erste dauerhafte Auslandsstationierung deutscher Truppen seit dem Zweiten Weltkrieg⬏ 2.
- Militärärzte planen für den Ernstfall mit der Versorgung von 1.000 Verwundeten pro Tag⬏ 3.
- Die NATO verstärkt ihre Ostflanke mit der Operation „Eastern Sentry“ und baut ihre Präsenz im Baltikum aus⬏ 4.
Was das bedeutet
Solange diese Strukturen nicht existieren, ist eine Zwangseinberufung nur Theorie. Mit jeder neuen Kaserne, jeder zusätzlichen Sanitätseinheit und jedem Bataillon im Ausland wird die Schwelle niedriger, Bürger im Ernstfall tatsächlich einzuberufen.
Das ist das alte Sicherheitsdilemma: Wer aufrüstet, um sich zu schützen, macht sich für andere erst zum Gegner – und öffnet zu Hause die Tür zur Mobilmachung⬏ 5.
Die Gefahr
- Politisch: Ein Verteidigungsfall muss nur noch beschlossen werden – dann greift Art. 12a GG⬏ 6.
- Strategisch: Deutschland wird durch Aufrüstung zum wertvollen Ziel in einer Eskalation.
- Gesellschaftlich: Was als Vorsorge dargestellt wird, macht uns im Ernstfall zur ersten Ressource im Krieg.
Was wir jetzt brauchen
- Ehrliche Debatte: Aufrüstung darf nicht als reine Schutzmaßnahme verkauft werden – sie schafft auch neue Risiken.
- Transparenz: Klare Trennung zwischen Verteidigung im eigenen Land und Expansionsstrukturen im Ausland.
- Alternativen: Investitionen in Zivilschutz, Diplomatie und Krisenvorsorge – bevor wir alle auf der „Einberufungstreppe“ stehen.
Quellen
- [⬏ 1]: Reuters (05.06.2025): Germany to boost military by up to 60,000 troops under new NATO targets. reuters.com • Reuters (11.09.2025): Germany’s army needs to add 100,000 active troops to meet new NATO targets.
- [⬏ 2]: The Guardian (22.05.2025): German troops start first permanent foreign deployment since WWII (Brigade in Lithuania).
- [⬏ 3]: Reuters (22.09.2025): Germany plans for 1,000 wounded troops per day in case of conflict with Russia.
- [⬏ 4]: NATO (12.09.2025): Eastern Sentry to enhance NATO’s presence along its Eastern flank. • Reuters/AP/Guardian (27.09.2025): Berichte zu NATO-Vigilanz nach Drohnenvorfällen im Baltikum.
- [⬏ 5]: Robert Jervis (1978): Cooperation under the Security Dilemma, World Politics 30(2): 167–214.
- [⬏ 6]: Grundgesetz Art. 12a – Dienstpflicht im Verteidigungsfall. gesetze-im-internet.de