HU-QR-Code & Jahres-HU: Präziser Angriff auf Teilhabe und Freiheit

Von Timo Braun – veröffentlicht durch den Ethischer Rat der Menschheit

Symbolische Illustration: Ein goldener QR-Code verformt sich zu Kettengliedern, die ein Auto auf einer leeren Landstraße fesseln; im Hintergrund dünn besiedelte Landschaft – Sinnbild für die Zerstörung ländlicher Mobilität.
Symbolische Illustration: Ein goldener QR-Code verformt sich zu Kettengliedern, die ein Auto auf einer leeren Landstraße fesseln; im Hintergrund dünn besiedelte Landschaft – Sinnbild für die Zerstörung ländlicher Mobilität.

Worum es konkret geht

  • HU-QR-Code (Deutschland): HU-Daten sollen über einen auf dem Prüfbericht aufgedruckten QR-Code aus dem KBA-Register digital abrufbar sein. Der Produktivstart (16.09.2025) wurde auf unbestimmte Zeit verschoben (kfz-mv.de, kfz-betrieb/vogel, AUTOHAUS/ZDK). Funktionsprinzip und Zugriffslogik schildern u. a. FOCUS und futurezone (Focus, futurezone).

  • Jahres-HU (EU-Vorhaben): Die EU-Kommission will für Pkw älter als 10 Jahre eine jährliche HU. Beschlossen ist das nicht; ADAC lehnt ab, der Bundesrat fordert die Beibehaltung der 2-Jahres-Frist (ADAC, Bundesrat Drucksache 217/25(B)(2)).

Harte Fakten zur Lage

  • Flotte & Alter: In Deutschland sind ~49,3 Mio. Pkw zugelassen; das Durchschnittsalter liegt bei 10,6 Jahren – eine Jahres-HU träfe also sehr viele Fahrzeuge (KBA PM 10/2025 PDF, KBA Übersicht).

  • Kosten heute: HU+AU für Pkw liegen typisch ~150–163 € (je nach Organisation/Bundesland) – Belege u. a. ADAC, Handelsblatt, WirtschaftsWoche, TÜV SÜD (ADAC, Handelsblatt, WiWo, TÜV SÜD Gebühren).

  • Autoabhängigkeit Land: Im ländlichen Raum ist das Auto unverzichtbar: >60 % der Wege entfallen dort auf den motorisierten Individualverkehr (MiD/BMDV). Bis zu 70 % der Wege werden in ländlichen Regionen mit dem Auto zurückgelegt (BMDV/MiD, MiD Ergebnisbericht PDF, S. 4).

  • Armutslage: 15,5–16,8 % der Bevölkerung gelten als arm – mit regionalen Unterschieden; besonders betroffen: Alleinerziehende, Rentner:innen (Paritätischer 2024 – Meldung, LVR-Zusammenfassung).

  • Sicherheits-Evidenz: Fachbeiträge verweisen auf keinen messbaren Sicherheitsgewinn durch Verkürzung auf jährliche HU (u. a. Bezug auf TU-Dresden/ADAC-Bewertung; siehe ADAC und ingenieur.de) (ADAC, ingenieur.de).

Unsere Untersuchungsergebnisse (ECoH)

1) Das ist kein „Digital-Nice-to-have“, sondern eine Machtverschiebung. Der HU-QR-Code verlagert HU-Daten in ein zentrales Register. Zugriffshürden, Lizenz-/Schnittstellenanforderungen und IT-Abhängigkeiten begünstigen Großorganisationen. Unabhängige Werkstätten werden verdrängt. (ZDK warnt seit Monaten, s. Verschiebungs-Berichte und Branchenmeldungen oben.)

2) Jahres-HU trifft exakt die Abhängigsten. Wo ÖPNV fehlt, ist das Auto Lebensgrundlage (Einkauf, Schichtarbeit, Arzt/Krankenhaus nachts). Jährliche HU + Reparaturdruck = Mobilitätsverlust für Geringverdiener im ländlichen Raum – also jene, die keine Alternative haben (MiD/BMDV-Daten oben).

3) Sicherheitsargument bricht. Die vorliegenden Bewertungen zeigen keinen belegten Sicherheitsgewinn durch die 1-Jahres-Frist; politische Kommunikation ersetzt Evidenz. Gleichzeitig werden Fixkosten für Millionen erhöht – in einer Lage steigender Armut.

4) Gesellschaftliche Folge ist deterministisch:

  • WerkstättensterbenOligopolpreise.
  • Mobilität wird LuxusEntrechtung/Enteignung ländlicher Bevölkerung.
  • Soziale Spaltung vertieft sich – Landstriche werden abgehängt.

Ethische Bewertung (ECoH)

  • Verhältnismäßigkeit: Kein nachgewiesener Sicherheitsgewinn, aber massive soziale Schäden.
  • Gleichheit / Zugang: QR-Pfad ohne dauerhafte Papier-/Offline-Option diskriminiert Ältere, Digitalferne, Arme.
  • Demokratische Legitimation: Jahres-HU nicht beschlossen; Bundesrat fordert Streichung. Der QR-Code ist nicht produktiv, aber vorbereitet – öffentliche Debatte ist zwingend.
  • Menschenwürde: Mobilität ist Grundvoraussetzung sozialer Teilhabe; ihr Entzug ist strukturelle Entrechtung.

Forderungen des ECoH

  1. Stopp jeder Jahres-HU-Regelung bis eine unabhängige Wirkstudie Sicherheits-, Kosten- und Sozialnutzen nachweist (Stadt/Land-Schnitt).
  2. Dauerhafte Papier-/Offline-Option beim HU-Nachweis; keine Zwangsdigitalisierung.
  3. Offener, diskriminierungsfreier Zugang zum Datenabruf für kleine Werkstättenohne prohibitive Lizenz-/IT-Hürden.
  4. Sozialschutz für ländliche Geringverdiener (HU-Fonds/Härtefall), bis gleichwertige ÖPNV-Alternativen real bestehen.
  5. Transparenz & Datenschutz: Gesetzliche Datensperren gegen Register-Verknüpfungen (Versicherungen/Hersteller/Behörden), Audit- und Protokollpflicht für jeden Abruf.

Fazit

HU-QR-Code und Jahres-HU sind kein Fortschritt, sondern ein gezielter Systemeingriff. Er verdrängt unabhängige Werkstätten, verteuert Mobilität und enteignet ländliche Räume – ohne belastbaren Sicherheitsgewinn. Der ECoH fordert: Keine Digitalisierung gegen die Menschen. Mobilität ist Teil von Würde und Teilhabe – sie darf nicht zum Luxusgut werden.

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